Darf man so oft ICH sagen?

Als ich ein kleines Mädchen war, erklärte meine Mutti, dass wir am morgigen Tage die Tante besuchen würden. „Ich und du?“ fragte ich sicherheitshalber nach. Meine Mutter entgegnete: “Der Esel geht voran.“ „Was, Papa kommt auch mit?“ Das wurde zum Familienlacher, über den mein Vater sogar auf der sonntäglichen Satireseite der Berliner Zeitung berichtete. Naja. Ich will damit sagen, dass ich so erzogen worden bin, das ICH nicht vorne an zu stellen. Ich mag nicht nachzählen, aber das Wort ICH kommt schon allein bis hier hin sehr häufig vor. Dabei spielen Menschen in meinem Leben eine sehr große Rolle. Zumeist eine positive. Der Haken bei meiner Schreiberei hier ist, dass ich schlecht berichten kann, wie die Menschen meiner Umgebung das alles miterlebten. Denn das können nur sie schildern. Also berichte ich hier davon, wie ich es erlebte, heute sehe und einschätze. Und das geht eben nur mit ICH.

Ich ballere so durch die Themen, querbeet – Nordic Walking, Regenwurm und Sprache. Ja aber das ist doch das Leben: Bücher, die man gelesen hat, Tränen, die man geweint hat, Wut, Lachen, Lieben und ganz Kleines, das einem begegnet, das man gesehen und innerlich wahrgenommen hat und zu seiner Wahrheit macht, der eigenen, persönlichen – und damit einzig zu meiner, so wie sie nun einmal ist.


Nun speichere ich das erst einmal ab. Vielleicht liest es wer, denn, mutig wie ich bin oder wie ich mich benenne, als einen hoffnungslosen Fall von Optimismus, tippe ich nun auch einen Blog zu den unzähligen, die das Internet zu fressen hat.

Wenn mir das Herz überläuft, die Seele nicht weiter weiß – dann schreibe ich. Oder weil ich jemandem eine Freude machen will oder einen Spiegel vorhalten oder wenn wer meint: Schreibe endlich! Beim Schreiben ordnen sich oftmals meine Gedanken, erschließen sich mir Zusammenhänge – das Erlebte fließt sozusagen in die Zeilen hinein und beginnt sein Eigenleben. Damit komme ich weiter. Und ich kann abhaken – aufgeschrieben, verarbeitet, erledigt.
Wieder ein Punkt.
Aber Punkte sind nicht so starr, wie man denken könnte. Die rutschen manchmal weg und begleiten einen weiter. Das merke ich jetzt beim Schreiben deutlich. Also manches, einst aufgeschrieben in einem Tagebuch, von dem ich dachte, abgehakt und vorbei, bekommt nun wieder ein neues Erleben.


Ich bin romantisch, verträumt – ehrlich! Wirklich! Aber keine Bange, so Liebes -herz- schmerz-sonnenschein- regenwetter- texte, neee die bekomme ich nicht hin. Schmalz esse ich gerne, aber schreiben kann ich das nicht. Obwohl, manchmal ist mir so und ich singe und singe und - also ich krieg `ne melancholische Ader. Es muss bekomme heißen, ja Laptop, ich weiß – aber ich schreibe krieg, weil ich sonst nämlich *Ironie on schreiben müsste und das passt im Moment gar nicht hier hinein.

Ich schreibe mitunter gern Märchen, ja sogar von Prinzen und Prinzessinnen. (Ich lache gerade in mich hinein, denn mir fällt ein, wie das Nachbarskind zu meiner jüngsten Tochter einst sagte: „Du bist der Pinz und ich die Pinzessin. Und der Pinz muss die Pinzessin tüssen!“ Meine Tochter ergriff die Flucht. Ich amüsierte mich hinter meiner Gardine. Das wurde zu einem geflügelten Wort bei uns: Du musst die Pinzessin jetzt tüssen. (Nun hat bestimmt auch der letzte Leser mitbekommen, dass ich mich nicht verschrieben habe.)

Zwei Posts – hab ich vollgeschrieben. Sozusagen zwei Seiten - und die hat das Leben mindestens und meines auch. Ich seufze vor mich hin, hole tief Luft heraus aus meinem Bauch, von dort, wo das Sonnengeflecht liegen soll, hole mir eine Tasse heißen Capucchino, lege noch ein paar Holzscheite ins Kaminfeuer und krabble wieder in meinen Sessel zum Weiterschreiben. Gewiss wirft jemand diesen Quatsch gedanklich in eine Ecke. Das kann ich nicht verhindern. Wozu auch? In einer Ecke zu liegen ist viel besser, als gar nicht da zu sein. "Is viel besser als wie nüscht."
Ja. Gar nicht da zu sein, das drohte mir – klar, das schwebt über jedem. Bei mir schlug es heftig zu. Also diese Gefahr, schon vor der Zeit nicht mehr da zu sein.




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